Künstliche Intelligenz (KI) ist seit ein paar Jahren das Trendthema in Forschung und Politik. Doch wie vertragen sich KI und Politik miteinander? Ist sie die große Chance oder die große Gefahr für unsere Demokratie?
Seit Oktober hatte das 20-köpfige Team aus Masterstudierenden der Politischen Kommunikation an der Organisation des DFPK 2019 gearbeitet. Am 21. März war es dann endlich an der Zeit, diese Fragen zu beantworten. Unter dem Titel „Hey Siri, wen soll ich wählen? Zur Rolle Künstlicher Intelligenz im politischen Diskurs“ diskutierten folgende Gäste im bis zum letzten Stuhl besetzten Saal des Hauses der Universität:
- Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP), Landesminister für Wirtschaft, Digitalisierung, Innovation und Energie NRW
- Christina Kampmann (SPD), Sprecherin für Digitalisierung und Innovation der SPD-Landtagsfraktion NRW
- Frank Feulner, CBDO von AX Semantics
- Lukas Brand, Magister-Theologe an der Ruhr Universität Bochum
- Dr.-Ing. Joachim Köhler, Leiter NetMedia, Fraunhofer IAIS; Programmdirektor bei „AI4EU“
Moderiert wurde der Abend von WDR-Reporterin Julia von Cube, die bereits zum dritten Mal beim DFPK durch den Abend führte.
KI regulieren?
Schon zu Beginn der Diskussion kam die Frage auf, welche in der Folge die gesamte Zeit über im Raum stehen sollte: Soll Politik KI im Vorfeld regulieren und wenn ja, wie? Während Christina Kampmann von der SPD sich für eine vorausschauende Regulierung aussprach, warnte Digitalisierungsminister Pinkwart vor zu viel Bürokratie, welche Innovationen hemmen würde. Unternehmer Feulner und Fraunhofer-Experte Köhler forderten die deutsche Politik auf, diese Grundsatzentscheidung nicht allzu lange aufzuschieben, um rechtliche Sicherheit zu haben. „Wichtig ist, dass wir es von vornherein richtig machen“, so Köhler bezüglich seiner Forschungsprojekte. Theologe Brand dagegen forderte eine klare rote Linie bei Entscheidungen, die gesellschaftliche Prozesse betreffen. „Wir können Maschinen juristisch nicht zur Verantwortung ziehen, also sollten wir ihnen auch keine Verantwortung übertragen.“ Als Beispiele nannte er die Anwendungsbereiche Politik, Justiz und Kriegsführung.
KI moralisieren?
„Ich bin überzeugt, dass Maschinen Moral erlernen können“, präsentierte Lukas Brand dem Publikum seine Leitthese. Die entscheidende Frage sei dabei, unter welchen Bedingungen dies ermöglicht würde. Für eine KI auf Grundlage europäischer Werte plädierte Landespolitikerin Kampmann. Dies sei die große Stärke Europas gegenüber den USA und China, ergänzte Landesminister Pinkwart: „Wollen wir China und den USA nur hinterherlaufen oder schauen, was wir besser können?“ Das Wissen seiner vielen Unternehmen ist etwas, worauf Europa gut aufbauen könne, stimmte Dr.-Ing. Köhler zu. Kontrovers diskutiert wurde das Trolley-Problem bei selbstfahrenden Autos: Während Brand dafür plädierte, die Maschine hier mit menschlichem Handeln vertraut zu machen und sie für kritische Situationen anzuleiten, verwies CBDO Feulner auf die Inkonsistenz menschlichen Handelns in kritischen Situationen und Minister Pinkwart auf die Unvereinbarkeit mit dem deutschen Rechtsverständnis. Nachrichtentechniker Köhler vom Fraunhofer IAIS betitelte diese Diskussion als „Science-Fiction.“
KI entmystifizieren
“Droht auf lange Sicht die Versklavung der Menschheit durch die KI?”, wollte Julia von Cube schließlich an einem Punkt in der Diskussion wissen. Dies verneinte Brand mit dem Verweis darauf, dass Maschinen wichtige mentale Voraussetzungen wie ein Selbstbewusstsein und Emotionen fehlen würden. Köhler verwies darauf, dass letztendlich entscheidend sei, was der Mensch an Daten in die Maschine einspeise. Er forderte daher, das Thema KI zu entmystifizieren und stattdessen konkrete Anwendungsfelder zu betrachten. „KI ist eigentlich schon überall“, pflichtete Kampmann ihm bei. Man müsse den Leuten näherbringen, was KI für ihren Lebensalltag bedeutet. Sie forderte die Medien dazu auf, sich beim Thema KI nicht nur auf die negativen Aspekte zu fokussieren, auch Sie selbst versuche in Bürgergesprächen das Thema neutral anzugehen. KI verändere zwar beispielsweise Arbeitsplätze, könne diese aber auch verbessern und schaffe sie nicht gleich automatisch ab. Bildung sei das Zauberwort, ergänzte Brand. Vor allem gehe es auch darum, zu erklären, was mit KI überhaupt gemeint sei.
KI in der Politik?
„Mit Daten von Facebook und Google könnte man Wahlen entscheiden, doch wir stellen uns dieser Frage kaum“, bemängelte der Minister. Dem schloss sich die SPD-Landtagsabgeordnete an: Die politische Debatte über KI sei in Europa bisher unterentwickelt. „Wir dürfen die Nutzung neuer Technologien nicht den Rechtspopulisten überlassen“, meinte die Sprecherin für Digitalisierung und Innovation mit Blick auf die Tätigkeit der AfD in den sozialen Medien. Gleichzeitig mahnte sie in Bezug auf Social Media Bots und Filterblasen zur Besonnenheit: „Wollen wir das, was technologisch geht, oder wollen wir dem Grenzen setzen?“ Landesminister Pinkwart wiederum warnte vor voreiligen Regelsetzungen: „Demokratie lebt vom Wettbewerb, auch vom Wettbewerb der Technologien.“ Man könne erst einmal ausprobieren, was möglich sei und was nicht. Oberste Priorität habe hierbei jedoch die Sicherstellung eines fairen Wahlkampfes.
Und Siri?
Letztendlich sei in Siri nur ganz wenig KI, das meiste sei gescripted, so Brand. Gerade politische Fragen könnten von den Entwicklern dadurch gezielt geblockt werden, ergänzte Köhler. Zum Abschluss wollte Julia von Cube daher wissen, was sich die Podiumsgäste von Siri wünschen würden, wenn sie die Apple-KI in fünf Jahren nach einer Wahlempfehlung fragen würden. Einig waren sich die Gäste hier, dass Siri selbst keine Entscheidung treffen dürfe, bei der Entscheidung jedoch gerne mit der Bereitstellung von Informationen, beispielsweise aus den Wahlprogrammen helfen dürfe. KI habe bei der Informationszusammenstellung ein großes objektivierbares Potenzial, das uns bei Entscheidungen helfen könne, wollte Feulner dem Publikum am Ende noch mit auf den Weg geben. Der Landesminister sah es pragmatischer. Eine Wahlentscheidung habe schließlich auch viel mit Emotionen und Vertrauen zu tun, egal was Siri uns an Informationen bereitstelle: „Wir entscheiden am Ende so, wie wir es im Moment für richtig halten, und so soll es auch bleiben.“
Ein passendes Schlusswort für eine spannende Diskussion, die uns gezeigt hat, dass wir Menschen beim Thema KI letztendlich alles selbst in der Hand haben.
Die Fachtagung – Das Herzstück des DFPK
Nach dem erfolgreichen Auftakt mit der Podiumsdiskussion am Donnerstagabend, folgte am Freitag und Samstag die Fachtagung für junge Nachwuchswissenschaftler*innen. In insgesamt elf Vorträgen stellten die Referent*innen ihre Forschungsprojekte in den Tagungsräumen des Düsseldorfer Flughafens vor und präsentierten dabei eine Bandbreite an Themen aus der politischen Kommunikationsforschung. Viele Nachwuchswissenschaftler*innen thematisierten den gegenwärtigen Rechtsaufschwung oder die Online-Kommunikation. Die Vorträge zu #ichbinhier und #blacklivesmatter zeigten beispielsweise, dass soziale Bewegungen längst nicht mehr nur auf der Straße zu beobachten sind. Feedback bekamen die aus ganz Deutschland angereisten Referent*innen von erfahrenen Respondents aus dem In- und Ausland. Diskussionen regten zu neuen Perspektiven, Ergänzung der Methodendesigns und Weiterverfolgung der Projekte an.
Das im Review-Verfahren als beste Arbeit prämierte Forschungsprojekt kam von Studierenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Maria Belén Alvarez Garcia, Lena Hönes und Hanna Senck punkteten mit ihrem Teamprojekt in den Bereichen Originalität/Innovation, Relevanz, Prägnanz, theoretische Fundierung und methodisches Design. Unter dem Titel „Schickt die Mutti zur Hölle!” beantworteten sie die Frage, welche liberal-demokratischen Werte von Kommentator*innen auf der AfD-Facebookseite angegriffen und abgelehnt werden.
Alles in allem waren sich alle einig, dass das DFPK für alle Beteiligten eine Bereicherung war.
Zuletzt wollen wir uns im Namen des Teams bei allen Beteiligten und Sponsoren für das Gelingen dieses 15. Jubiläums des DFPK bedanken. Unser besonderer Dank gilt dabei dem Flughafen Düsseldorf für die Bereitstellung seiner tollen Räumlichkeiten.
Uns hat das 15. Jubiläum viel Spaß gemacht und wir sind schon ganz gespannt, über welche Themen nächstes Jahr diskutiert und referiert wird!
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